Es war ein milder Herbstabend, als mir die Situation endgültig klar wurde. Ich hatte mich gerade an meinen Schreibtisch gesetzt, um die letzten Kapitel eines Romans zu übersetzen, als mein Telefon vibrierte. Eine Nachricht von meinem Ex-Mann: „Ich komme dann nächste Woche zu deiner Geburtstagsfeier. Sag mir nur, wann ich da sein soll.“
Da saß ich nun, mitten in der Welt eines literarischen Helden, und mein reales Leben klopfte plötzlich laut an die Tür. Seit der Scheidung vor zwei Jahren hatte ich ihm immer wieder erlaubt, bei Familienfeiern dabei zu sein. Weihnachten, Ostern, sogar kleine Grillabende im Sommer. Es fühlte sich damals irgendwie fair an. Nach 25 Jahren Ehe und zwei Kindern wollte ich ihm nicht den Boden unter den Füßen wegziehen. Seine Familie lebt weit weg, und ich hatte immer das Gefühl, ich müsse für ihn da sein – auch wenn ich längst weitergezogen war.
Aber dann kam diese Nachricht, und ich spürte zum ersten Mal, wie sehr ich diese Entscheidung bereut hatte. Es war, als hätte ich nie einen klaren Schnitt gemacht. Ich wollte loslassen, aber die Verbindung blieb, und sie belastete mich. Die Idee, meinen Geburtstag wieder mit ihm zu teilen, machte mich regelrecht nervös.