Es hat eigentlich schon in der Uni angefangen. Damals war ich noch richtig voller Ideen, irgendwie wild und kreativ, aber auch total unsicher. Ich habe immer versucht, bloß nicht aus der Reihe zu tanzen, damit mich keiner schräg anschaut. Als ich dann meinen Abschluss gemacht hatte, schien der Job in der großen Firma der nächste logische Schritt zu sein. Sicher, gut bezahlt, angesehen – so, wie man es halt „machen sollte“. Aber ich hatte damals schon dieses komische Gefühl im Bauch, dass das eigentlich nicht mein Weg ist. Trotzdem dachte ich: „Komm, das ist vernünftig, das gehört sich so.“ Also habe ich den Vertrag unterschrieben und bin eingestiegen.
Zuerst war ich stolz, klar, es war eine große Sache. Aber schnell merkte ich, wie ich immer mehr in eine Rolle schlüpfen musste, die eigentlich nicht meine war. Ich habe plötzlich Anzüge getragen, Meetings mitgemacht, in denen ich Dinge gesagt habe, die ich eigentlich gar nicht so meinte, nur um dazuzugehören. Der Druck, perfekt und angepasst zu sein, war riesig.
Aber der Wendepunkt kam vor ein paar Monaten, als mich eine Kollegin beim Mittagessen fragte: „Was machst du eigentlich gern in deiner Freizeit?“ Und weißt du, ich hatte keine Antwort. Nicht, weil ich nichts gern mache, sondern weil ich mich gar nicht mehr getraut habe, über die Sachen zu sprechen, die mich wirklich ausmachen. Ich dachte nur: „Wenn ich ihr jetzt sage, dass ich eigentlich gern Kunst mache und heimlich Gedichte schreibe, hält sie mich bestimmt für total schräg.“ Da habe ich gemerkt, wie weit weg ich von mir selbst bin.