Ehrlich gesagt, fühle ich mich in meiner lockeren Beziehung zu einem Freund oft klein und dumm. Denn ein Freund, mit dem ich eigentlich eine feste Beziehung eingehen will, behandelt mich ständig, als wüsste ich nichts und könnte nichts richtig machen. Es ist deprimierend. Er sagt Dinge wie: „Warum hast du daran kein Interesse?“ oder „Du solltest abnehmen und mehr Sport machen, das ist besser für deine Gesundheit.“ Jedes Mal, wenn ich meine Meinung äußere oder eine Entscheidung treffe, kommt er mit seiner belehrenden Art daher und erklärt mir, warum ich falsch liege oder was ich stattdessen tun sollte.
Schlagwort: Minderwertigkeitsgefühle
Weil ich aus bildungsfernem Elternhaus bin, habe ich es schwer
Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die sich nicht um Bildung gekümmert hat. Weil ich aus einem bildungsfernen Elternhaus komme, habe ich es nicht leicht im Leben. Überall stoße ich auf Probleme und Schwierigkeiten. Ständig muss mich durchboxen.
Die einzigen Zeitungen, die bei uns gelesen wurden, waren die Bäckerblume und die Apothekenumschau und natürlich die Angebotsprospekte der Discounter. Das Lieblingsgetränk meiner Eltern war immer alkoholisch und der Zigarettenrauch quoll aus dem Schlüsselloch der Eingangstür zu unserer Etagenwohnung im zehnten Stock. Von Bildung kann bei meiner Familie überhaupt keine Rede sein. Und Arbeit war und ist für meine Eltern ein Fremdwort. Das hat natürlich auch mich geprägt.
Ich konnte nie Freunde mit nach Hause bringen, weil ich mich so schämte. Daher habe ich keine Freunde: Ich habe mich isoliert und abgekapselt. Für Hobbies war kein Geld dar. Deshalb habe ich keine Hobbys, keine Ziele: Ich habe nur vor dem Fernseher gesessen und dort meine Kindheit verbracht. Weil wir wenig Geld für Lebensmittel hatten, wurde ich mit Fast Food ernährt: Niemand hat sich um meine Gesundheit gekümmert. So bin ich dick und unansehnlich geworden.
Ich habe zwei Geschwister, die keine guten Schulabschlüsse haben und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten. Ich bin der einzige in meiner Familie, der Abitur gemacht hat und versucht hat, an der Uni zu studieren. Aber das war ein Fehler. Ich habe mich total überfordert gefühlt, konnte nicht mit den anderen mithalten, hatte keine Freunde und keine Unterstützung. Ständig war ich am Straucheln und hatte gegen meine Kommilitonen keine Chance – und die Dozenten haben mich das merken lassen – dann habe ich mein Studium abgebrochen. Jetzt sitze ich zu Hause, ohne Perspektive, ohne Hoffnung, ohne Zukunft. Ich weiß nicht, was ich tun soll.
Du bist zu sensibel und eine Mimose wurde mir als Kind gesagt
Ich weiß noch, wie es war, als ich ein Kind war. Ich war immer sehr empfindsam und nahm alles um mich herum wahr: Die Geräusche, die Farben, die Stimmungen der Menschen. Ich spürte, wenn jemand traurig oder wütend war, auch wenn er oder sie es nicht zeigte. Ich fühlte mich oft überfordert und wollte mich zurückziehen.
Aber dann hörte ich diese Sätze: „Du bist zu sensibel“, „Nimm Dir doch nicht immer alles so zu Herzen“, „Bist du eine Mimose“? Sie verletzten mich und machten mich unsicher. Ich versuchte, mich anzupassen und meine Gefühle zu verstecken. Aber das machte mich nur noch unglücklicher.
Ich erinnere mich an einen Tag in der Schule, als wir einen Ausflug in den Zoo machten. Ich freute mich darauf, die Tiere zu sehen und zu streicheln. Aber als wir dort ankamen, war ich schockiert. Die Tiere sahen so traurig und eingesperrt aus. Sie hatten kaum Platz zum Bewegen und Spielen. Ich spürte ihren Schmerz und ihre Langeweile. Ich fing an zu weinen und wollte weggehen. Aber meine Lehrerin schimpfte mit mir und sagte, ich solle mich nicht so anstellen. Die anderen Kinder lachten mich aus und nannten mich eine Heulsuse.
Ich weiß auch noch, wie es war, als ich zum ersten Mal verliebt war. Ich war 16 Jahre alt und hatte einen Freund. Er war nett und lustig und wir hatten viel Spaß zusammen. Ich dachte, er sei der Richtige für mich. Ich gab ihm mein ganzes Herz und vertraute ihm. Aber nach ein paar Monaten machte er Schluss mit mir. Er sagte, er habe jemand anderen kennengelernt und ich sei ihm zu anstrengend. Er sagte, ich sei zu sensibel und eine Mimose. Er sagte, ich solle mir ein dickeres Fell zulegen und nicht immer alles so ernst nehmen. Er sagte, er brauche eine Frau und keine Prinzessin auf der Erbse. Er sagte mir all das ins Gesicht und ging weg.
Unser Vater will mit seiner Intelligenz uns Kindern überlegen sein
Mein Vater ist ein Genie. Das sagt er zumindest immer wieder. Er ist Professor für Mathematik an einer renommierten Universität und hat einen IQ von über 150. Er liebt es, uns Kinder mit seinem Wissen zu beeindrucken oder zu verwirren. Er stellt uns ständig knifflige Fragen, die wir nicht beantworten können, oder erklärt uns komplizierte Theoreme, die wir nicht verstehen. Er macht sich gerne lustig über unsere Fehler oder Unwissenheit und lobt sich selbst für seine Leistungen und Erfolge.
Ich weiß, dass er mich liebt, aber ich spüre auch, dass er mich nicht respektiert. Er behandelt mich wie ein Kind, das noch alles lernen muss, obwohl ich schon erwachsen bin. Er nimmt meine Interessen und Meinungen nicht ernst und versucht mir immer seine Sichtweise aufzuzwingen. Er glaubt, dass er immer recht hat und dass nur seine Logik zählt. Meine Geschwister sehen das ähnlich.
Wir haben alle verschiedene Talente und Leidenschaften, die nichts mit Mathematik zu tun haben. Meine Schwester ist eine begabte Malerin, mein Bruder ein talentierter Musiker und ich liebe es zu schreiben. Aber unser Vater schätzt das nicht. Er findet unsere Hobbys sinnlos oder kindisch und drängt uns dazu, mehr zu lernen und zu studieren. Er will, dass wir in ihm nacheifern und genauso erfolgreich werden wie er.