Ständiges Nachdenken über mich selbst macht mich unglücklich

Ich bin 31 Jahre alt und auf der Suche nach mir selbst. Das klingt vielleicht klischeehaft, aber es ist die Wahrheit. Ich weiß nicht, wer ich bin, was ich will, was mich glücklich macht. Ich habe das Gefühl, dass ich mein Leben den Erwartungen anderer anpasse, ohne meine eigenen Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Ich bin unzufrieden mit meinem Job, meiner Beziehung, meinem Körper, meinem Selbstwertgefühl. Ich arbeite als Buchhalterin in einer großen Firma, aber ich habe keine Leidenschaft für Zahlen. Ich mache meinen Job gut, aber ich empfinde keine Freude oder Erfüllung dabei. Ich überlege, ob ich nicht lieber etwas Kreatives machen sollte, etwas, das mir Spaß macht und mich herausfordert.

Ich bin seit fünf Jahren mit meinem Freund zusammen, aber ich spüre keine tiefe Verbindung mehr zu ihm. Er ist nett und zuverlässig, aber er langweilt mich. Er hat keine eigenen Interessen oder Ziele, er ist zufrieden mit dem Status quo. Ich weiß nicht, ob es für mich besser wäre, wenn ich jemanden finden würde, der mich inspiriert und begeistert. Jemanden, der mich versteht und unterstützt. Jemanden, der mich liebt und begehrt.

Mit meinem Körper bin ich auch unzufrieden: Ich bin übergewichtig und untrainiert, aber ich habe keine Motivation oder Disziplin, etwas dagegen zu tun. Ich esse zu viel und zu ungesund, ich bewege mich zu wenig und zu langsam. Wenn ich weniger essen und mich mehr bewegen würde, würde ich mich besser fühlen und besser aussehen. Ich würde mehr Selbstvertrauen und mehr Anerkennung haben. Alles das beschäftigt mich sehr.

Weiß nicht, ob ich Partner die gleiche Zuneigung gebe wie er mir

Ich bin seit zwei Jahren mit meinem Freund zusammen. Er ist sehr lieb, aufmerksam und verständnisvoll. Er macht mir oft Komplimente, bringt mir Blumen mit und überrascht mich mit romantischen Gesten wie etwa Songs, die er extra für mich komponiert für so ziemlich jeden Anlass. Er sagt mir immer, wie sehr er mich liebt und wie glücklich er mit mir ist. Ich liebe ihn auch, das weiß ich.

Aber manchmal frage ich mich, ob ich ihm die gleiche Zuneigung gebe wie er mir. Ich bin nicht so gut darin, meine Gefühle auszudrücken. Ich sage ihm selten, wie viel er mir bedeutet. Ich bin eher praktisch veranlagt und kümmere mich um die Alltagsdinge, wie den Haushalt oder die Rechnungen. Ich bin auch nicht so spontan und abenteuerlustig wie er. Ich mag es lieber, zu Hause zu bleiben und einen Film zu schauen oder ein Buch zu lesen.

Sein Selbstbewusstsein ist auch deutlich stärker als meins – kein Wunder: er tritt fast täglich vor Publikum auf. Ich wünschte, ich hätte selbst auch so große mentale Stärke. Zudem fehlt es mir an Selbstliebe – diese Liebe zu mir selbst möchte ich stärken, weil ich dadurch vielleicht auch mehr Zuneigung geben kann.

Leide an den Folgen von Covid, mein Mann hat ein gutes Leben

Ich bin seit Monaten krank. Ich habe Covid-19 überstanden, aber die Langzeitfolgen machen mir zu schaffen. Ich bin ständig müde, habe Atemnot, Kopfschmerzen und Angstzustände. Ich kann nicht mehr arbeiten, nicht mehr einkaufen, nicht mehr spazieren gehen.

Mein Mann hingegen hat eine gutes Leben: Er ist gesund, er geht seinem Job nach, er trifft sich mit Freunden, er macht Sport. Er sagt mir immer, dass er mich liebt und dass er für mich da ist, aber ich spüre eine Distanz zwischen uns.

Er versteht nicht,…
…wie es mir geht.
…wie schwer es ist, jeden Tag aufzustehen und zu kämpfen.
…wie sehr ich ihn brauche.

Er sagt mir, ich soll positiv denken, mich nicht so anstellen, mich mehr bewegen. Er hat keine Ahnung, wie es mir geht. Er kümmert sich nicht um mich. Er ist egoistisch und gefühllos. Ich hasse ihn. Ich hasse mein Leben.

Ich finde mich hässlich, weil andere sagen, ich sehe nicht gut aus

Ich finde mich hässlich – ich weiß, dass das eine sehr harte Aussage ist, die ich über mich selbst mache. Aber es ist die Wahrheit. Ich habe schon oft gehört, dass ich zu dick, zu klein, zu blass – oder einfach nur „nicht gut“ aussehe. Diese Kommentare haben mich sehr verletzt und mein Selbstwertgefühl zerstört.

Lange habe ich Hoffnung gehabt, dass ich eines dieser Mädchen bin, die nur glauben sie seien hässlich. Davon gab es in der Schule viele, und sie mussten scheinbar nur von ihren Selbstzweifeln erzählen und schon kam eine Gruppe Freundinnen an, die ihr sofort glaubhaft versicherten, dass das überhaupt nicht stimmt – und wie hübsch sie doch eigentlich sind.

Ich hoffte wirklich, dass eine von ihnen bin – doch die harte Realität war enttäuschend. Nie bekam ich von anderen Mädchen und Jungs Komplimente oder aufbauenden Worte. Wohlmeinende sagten nur Sätze zu mir, die mich noch mehr an mir zweifeln ließen wie…
…Schönheit ist nicht alles.
…wenn du den Richtigen triffst, wird für ihn das Aussehen unwichtig sein.
…du hast einen guten Charakter.
…du hast dafür andere Stärken.
…das wächst sich schon noch aus.
…warte erst mal ab bis nach der Pubertät.

Durch diese Phrasen wurde mir mit der Zeit immer bewusster, dass ich wirklich nicht besonders hübsch war – um nicht zu sagen: ich bin wirklich hässlich.

Für mich ist es schwer, mich selbst zu loben und selbst zu lieben

In dem, was ich tue, bin ich erfolgreich – sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich. Gemeinsam mit meinem Mann führe ich eine alteingesessene Brennerei, die ich von meinen Eltern geerbt und dann vergrößert habe.

Ich könnte sehr stolz auf mich sein, allerdings fällt es mir schwer, mich selbst zu loben und zu lieben. Das Wort Selbstliebe ist für mich wie ein Fremdwort, weil ich diese Liebe nie am eigenen Leib erfahren habe, sondern nur vom Hörensagen kenne.

Vielleicht liegt es an der strengen Erziehung durch meine Eltern, die immer nur auf Erfolg für die Firma ausgerichtet war. Alles andere, insbesondere die eigene Person, musste sich der Firma unterordnen.

Ich habe in der Erziehung meiner Kinder bewusst auf eine andere Erziehung gesetzt, damit sich jedes Kind so entfalten kann, wie es sein möchte. Leider haben sich bisher auch alle Kinder gegen einen Verbleib in der Firma entschieden, was mich jetzt im Nachhinein an meiner Erziehungsmethode zweifeln lässt, weil ich vielleicht keinen Nachfolger haben werde.

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